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Herowars
Herowars
Mit Herowars geht erneut ein Rollenspiel zu Greg Staffords mystischer Welt Glorantha ins Rennen. Nach Rune Quest hat sich der Gründer von Chaosium nun zu neuen Pfründen aufgemacht und arbeitet heute für Issaries Inc., die es sich zum Ziel gesetzt haben, Glorantha einmal mehr den Lesern zugänglich zu machen.
Die Produkte von Issaries werden in Europa von Multisim betreut, die auch für das hervorragende Rollenspiel Agone verantwortlich zeichnen. Herowars ist mittlerweile auch in Deutsch erhältlich und kommt als solides Hardcover daher. Das Format des Buches ist in jedem Fall ungewöhnlich für ein Rollenspiel und erinnert in der reduzierten A4 Fassung eher an einen schön gebundenen Roman, als an ein klassisches Rollenspiel. Das Cover wird von einem mitgenommenen Helm in römischen Stil geziert und macht bereits einen sehr stimmungsvollen Eindruck. Das Buch selbst ist auf hervorragendem Papier gedruckt worden und in einem sehr gut lesbaren einspaltigen Stil gelayoutet. Den hervorragenden Zeichnungen im Innenbereich werden in fast allen Fällen ganze Seiten gewidmet, was den hervorragenden optischen Eindruck des Buches nur verstärkt. Ingsgesamt hat man mit Herowars ein sicherlicher optisch beeindruckendes Werk geschaffen, was sich erfreulich von den meisten anderen Rollenspielpublikationen abhebt und von großer Professionalität des Verlages zeugt.
Das Werk selbst umfasst 320 Seiten und untergliedert sich in drei Bücher - das Buch der Helden, das Buch der Magie und schlußendlich das Buch der Erzählerin. Den größten Umfang nimmt hier mit knapp 150 Seiten das Buch der Helden ein, welches sich mit den Charakteren und den eigentlichen Spielmechanismen befasst. Das zweite Kapitel ist dann den verschiedenen Formen der Magie in Glorantha (namentlich die Theistische Magie, die Zauberei, die Animistische Magie, die Mystische Magie und die Fortgeschrittene Magie) gewidmet. Eine Besonderheit stellt sicherlich das letzte Kapitel dar, welches auf 80 Seiten Informationen für den Spielleiter (die Erzählerin) bietet und neben weiterführenden Informationen über die Spielwelt (zum Beispiel die Göttermythen oder der Glauben der Menschen in Bezug auf den Tod) auch auf die Kunst des Spielleiterns an sich eingeht.
Bei Herowars selbst handelt es sich zunächst um ein klassisches Fantasyrollenspiel mit epischen Ausmassen. Das Zeitalter der Helden hat begonnen und die lang prophezeihten Heldenkriege werfen ihre Schatten voraus. Den Charaktern wird nun ein Platz in der Riege dieser Helden zuteil, wobei das System Regeln beinhaltet, wie Anfänger und unerfahrende Helden erschaffen und gespielt werden können. Darüber hinaus gibt es aber auch Regeln, um erfahrende Charaktere oder sogar Helden direkt in die Schlacht zu führen. Neben dem sehr klassischen Fantasy Thema bietet Herowars jedoch ein eher ungewöhnliches System, welches sich von den klassischen Systemen, wie D&D 3E, DSA oder auch Midgard abhebt und mehr Elemente klassischen Storytelling Rollenspiels verinhaltlicht.
Dies wird direkt bei der Charaktererschaffung deutlich, die auf einer Geschichte von 100 Worten beruht, die jeder Charakter schreiben sollte (es gibt auch tabellarische und Schnellstartregeln, die für weniger prosaisch veranlagte Spieler gedacht sind). Aus dieser Geschichte werden dann die Fähigkeiten in Bezug auf Herkunft, Ausbildung und Werdegang bestimmt. Hierbei gibt es relativ wenige Vorgaben, so dass ein Charakter gänzlich frei und sehr vielfältig gestaltet werden kann. Im Folgeschritt müssen dann den Fertigkeiten Werte zugewiesen werden, die in unterschiedlichen Meisterschaften ausgedrückt werden. Jede Fertigkeit besitzt so einen Grad zwischen 1 und 20 und kann in immer weiteren Meisterschaften ausgebaut werden. Erreicht ein Charakter eine neue Stufe der Meisterschaft (praktisch bei 21), sinkt sein Wert wieder auf 1 und er erhält einen Vermerk für den neu erreichten Meistergrad.
Auf die einzelnen Fertigkeiten, die auch die kampfrelevanten Talente umfassen, können dann Proben, sogenannte Wettstreite, abgelegt werden (mit einem W20). Hierbei gilt es unter dem Schwierigkeitsgrad (dem sogenannten Widerstand) zu würfeln, so dass niedrige Werte hier präferiert werden. Etwas ungewöhnlich mutet die Tatsache an, dass neben Fertigkeiten zu den sogenannten Charakterschlagworten auch Beziehungen und Anhänger zählen, die in erster Linie die Spielatmosphäre verbessern sollen. So ist es zum Beispiel auch möglich bereits bestehende Beziehungen, wie zu wichtigen Personen der Heimat, zu verstärken und auszubauen. Dies ist im Gegensatz zu vielen anderen Systemen ebenfalls Teil der Charakterbeschreibung und damit Teil der Regeln.
Der Kampf im System wird ähnlich normalen Fertigkeitswettstreiten gehandhabt und bietet nur wenige Sonderregeln. Das Kampfsystem ist sehr abstrakt und kommt mit wenigen Werten aus (so werden beispielsweise Charaktere und ihre Gefolgsleute zu einer Einheit zusammengefasst). Das ganze Konzept basiert auf sogenannten Aktionspunkten, die innerhalb des Wettstreites reduziert werden und sich verbrauchen. Sind die Aktionspunkte einer Wettstreitpartei verbraucht, scheidet der entsprechende Charakter aus. Verletzungen und die Schwere von Wunden werden hierbei aus der Anzahl der APs bestimmt, auf die ein Charakter unter 0 gebracht wird.
Die Charakterentwicklung erfolgt über Heldenpunkte, die ein Charakter für geleistete Taten erhält. Diese können aufgewendet werden, um Schlagworte zu verbessern, wobei hier zwischen spielrelevanten und nicht-spielrelevanten Steigerungen unterschieden wird. So können Talente und Fertigkeiten, die während der aktuellen Spielrunde von Bedeutung waren, wesentlich preiswerter verbessert werden, als Fertigkeiten, die im Spiel keinen Einfluss hatten.
Fazit: Mit Herowars erschließt Issaries zum ersten Mal seit längerer Zeit der Rollenspielgemeinde wieder die mystische Welt Glorantha. Hierbei bietet das System selbst nur den Grundstein für Abenteuer in der mystischen Welt und behandelt die Welt selbst nur am Rande (das System könnte theoretisch auch für andere Welten Pate stehen). Wie bereits erwähnt überzeugt das System in Punkto Aufmachung und Qualität in allen Punkten. Die Texte sind teilweise ein wenig gewöhnungsbedürftig und zielen sehr direkt auf den Leser ab. Hier bevorzugen manche Spieler eher einen neutraleren "Regelbuchstil".
Die Regeln selbst sind sehr frei und zielen in erster Linie auf sehr platisches Storytelling Spiel ab - ein Umstand, der es eingefleischten DSA, Midgard und D&D Spielern ein wenig schwer machen wird, sich direkt in Herowars einzufinden. Vieles ist nicht direkt in Regeln gepresst und erfordert ein hohes Maß an Kommunikation zwischen Spielern und Spielleiter. Auch sind die Regeln nicht gerade einfach kommuniziert (da sie sehr prosaisch dargeboten werden) und bieten durch den recht weitreichenden Regelrahmen reichlich Raum für Diskussionen - ebenfalls eine Tatsache, die nicht jeder Spieler und Spielleiter bevorzugt. Für Einsteiger dürfte das System einige Anlaufhürden mit sich bringen, da man vielerorts doch ein wenig allein gelassen wird. Für erfahrene Spieler jedoch bietet das System einen angenhmen Mix aus klassischen Rollenspielen und modernen Storytelling Systemen.
Das Grundregelwerk selbst beinhaltet noch nicht allzuviel Informationen zu Glorantha und seinem schier unerschöpflichen Hintergrund, so dass sich hier in jedem Fall noch der Kauf des ersten Weltenbuches - Glorantha - anbietet. Da dies jedoch in Umfang und Preis an das Grundregelwerk herankommt, muss man für den Einstieg in Herowars mit knapp 70 Euro rechnen, was nicht gerade wenig scheint. Auch gibt es bislang nicht allzuviel deutschsprachiges Material, was auch ein Hinderungsgrund für Erstrollenspieler sein kann.
Im Fazit ist Herowars ein außergewöhnliches Rollenspiel mit Anspruch, welches vor allem für erfahrene Spieler geeignet ist.
Kurzübersicht
Verlag: Issaries Inc.
Autor: Greg Stafford, Roderick Roberston, Shannon Appel
Artikelnummer: HW0001
Umfang: 320 Seiten, US Letter
Veröffentlichungsdatum: 2000
Preis: 34,22 EURO
Produktübersicht für Issaries Inc.
HerowarsGlorantha - Die epische Welt des Greg Stafford
© Daniel Heymann
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