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Redaktion 4.5
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Black Flags
d20

Die schwarze Flagge gehisst bringt Avalanche Press mit "Black Flags - Pirates in the Carribbean" ein Quellenbuch heraus, welches eines der düsteren Kapitel der Seefahrt näher beleuchtet. Nach den Produkten von Living Imagination zum Thema Piraterie und Seefahrt, sowie den Seefahrerbüchern von Mongoose Publishing könnte man meinen, dass Seefahrt und Piraterie im Rollenspiel zur Zeit recht beliebt zu sein scheint - zumindest von Seiten der Verlage. So stellt sich vornehmlich die Frage, was Black Flags von der Konkurrenz abhebt und warum man gerade dieses Werk kaufen sollte.
Beginnt man mit der Aufmachung des Buches, erwartet einen Altbekanntes. Avalanche Press bleibt seiner Linie treu, seine Coverillustrationen mit schönen und üppig proportionierten Frauen zu schmücken, die nur das allernotwendigste an Kleidung am Leibe tragen. Dass den Illustrationen jeglicher Bezug zum eigentichen Inhalt fehlt scheint hier nicht zu stören. Nett anzusehen ist das Cover allemal, wenngleich es weibliche Käufer wohl eher abschrecken dürfte. Die Innenillustrationen auf der anderen Seite sind deutlich themenbezogener, jedoch leider auch deutlich einfacher gehalten. Die S/W Zeichnungen bieten meist nur Schmuckelemente und sind sehr klein. Prinzipiell wirkt das Layout des Buches ein wenig altbacken und kann in keinster Weise mit der Außenpräsentation mithalten.

Wendet man sich dem eigentlichen Kern des Buches - dem Inhalt - zu, wird man auch hier schnell auf Altbekanntes stoßen. Avalanche Press legt grossen Wert darauf historisch anspruchsvolles Material zu bieten und verzichtet weitestgehend auf Fiktion und Fantasyelemente. Stattdessen wird ein gut und fundiert recherchierter Abriss über die Freibeuter der Karibik im 18ten Jahrhundert geboten. Die ersten drei Kapitel, die praktisch die Hälfte des Buches ausmachen bieten so ersteinmal geschichtliche Hintergrundinformationen und entbehren jeglicher Spielwerte. Hier gelingt es Avalanche Press, nicht zuletzt auf Grund des guten Schreibstils, eine dichte Atmosphäre zu weben, die den Spielleiter ermutigt ein wenig mehr Realität in seine seefahrenden Kampagnen einfließen zu lassen.

Das erste Kapitel gibt zunächst einen Überlick über die verschiedenen Parteien und ihre Kolonien in der Karibik zu jener Zeit und beschreibt das aktuelle Machtgefüge und seine Entstehung. Neben kulturellen Abhandlungen über die verschiedenen Kolonien, wird auch versucht zu erklären, wie die Wirtschaft der Karibik - mit der Produktion von Zucker als treibendem Motor - zu jener Zeit funktioniert hat.

Das zweite Kapitel bietet dann Informationen zu Schiffen, wichtigen Besatzungsmitgliedern, Informationen über Kriegsführung zur See und natürlich eine Vorstellung der wichtigsten Waffen jener Zeit. Gerade hier fällt positiv auf, dass die Inhalte sehr gut recherchiert sind, denn mit der typischen Crewzusammensetzung eines Fantasyschiffes mit 100 Seeleuten, einem Kapitän und dem Schiffsmagus hat dies hier keinerlei Ähnlichkeit mehr.

Im dritten Kapitel werden dann Informationen über das Leben und Sterben zur See preisgegeben, die neben der Herkunft der Piraten auch ihre Lebensbedingungen an Bord, ihre Ernährung und ihr tägliches Leben beschreiben. Es wird Einblick gegeben, welche Strafen auf Piratenschiffen überlicherweise verhängt wurden und welche Akte der Gewalt überhaupt einer Strafe wert waren. So gehörte es zu den schwersten Verbrechen eine Frau an Bord eines Schiffes zu schmuggeln (wenn dieses nicht im Hafen lag). Auch die Themen Sklaverei und Frauen zur See werden ausführlich behandelt, wobei sich hier Einblicke auftun, die weit über normale Fantasykampagnen hinaus gehen.

Die zweite Hälfte des Buches befriedigt dann in 3 weiteren Kapiteln die Gelüste der d20 Spieler mit neuen Charakterklassen, neuen Templates (die als eine Charakterklassen mit einer einzigen Stufe gewertet werden) und Prestige Klassen. Weiterhin gibt es natürlich Informationen über spielrelevante Technik (Schiffe, Waffen), neue Feats, der Zeit enstprechende Ausrüstungsgegenstände, Regeln für Seegefechte und schließlich die Panache Regeln, die ein wenig Swashbuckling Style in eine d20 Kampagne bringen können. Hier fühlt man sich ein wenig an 7th Sea von Alderac Entertainment erinnert, die das Swashbuckling Thema bereits zu einem vollständigen Rollenspiel ausgebaut haben. Die Regeln können sicherlich benutzt werden, um den Spielern außergewöhnliche Aktionen zu ermöglichen, jedoch sind sie nicht wirklich notwendig und auch nicht wirklich einfach zu verstehen.

Im übrigen Regelbereich geht man sehr historisch vor - so fallen die meisten typischen d20 Klassen - allen voran die Priester und Zauberer ersteinmal weg. Für den Priester gibt es einen historisch korrekteren Ersatz, der jedoch eher einem Betbruder, als dem gewaltbetreibenden Kolbenschwinger der d20 Welten entspricht. Besonders gelungen sind die Prestigeklassen, die im Gegensatz zu vielen anderen Publikationen wirkliche Erweiterungen und damit Spezialisierungen bestehender Klassen darstellen - was dem Geiste einer Prestigeklasse am ehesten entgegen kommt. So kann ein Charakter eine Laufbahn als Kapitän oder Steuermann einschlagen, während ein Geistlicher zum Kardinal ernannt werden kann. Hier hat man das Gefühl Prestigeklassen nach ihrer eigentlichen Aufgabe präsentiert zu bekommen und nicht nur zur Erweiterung des Fähigkeitsportfolios.

Zieht man ein Fazit, kann man nur wenig negatives über das Buch sagen. Layout und Aufmachung sind sicherlich noch ausbaubar, jedoch steht der Inhalt in dieser Publikation deutlich im Vordergrund. Hervorragend recherchierte und präsentierte Informationen zeichnen ein historisches Setting, was sich deutlich von klassischen Fantasysettings abhebt. Gerade die ersten drei Kapitel, mit den detaillierten Settinginformationen, machen das Buch lesenswert. Wer historisch ausgelegte Kampagnen mit realistischem Hintergrund mag, wird hier gut bedient. Für Freunde der typischen Feenfantasy ist das Buch sicherlich nur als Lektüre, jedoch keinesfalls als spielrelevante Quelle zu empfehlen, denn die Abwesenheit von Zauberei und den typischen Fantasyrassen ist nicht jedermanns Geschmack. Auf die letzten drei Kapitel hätte ich gut verzichten können, da Statistiken zu Schiffen und Klassen für Seefahrer mittlerweile doch recht zahlreich erhältlich sind. Eine weitere Ausdehnung des historischen Hintergrundes hätte mir persönlich hier mehr Freude bereitet. Dennoch - man sollte sich bei Avalanche Press nicht von den doch recht provokanten Covern irritieren lassen - historisch besser aufbereitete Settings bekommt man sonst nicht so einfach.


Kurzübersicht

  • Verlag: Avalanche Press

  • Autor: Dr. Mike Bennighof, John R. Phythyon

  • Artikelnummer: APL909

  • Umfang: 64 Seiten

  • Veröffentlichungsdatum: 2002

  • Preis: 16,95 EURO

  • Produktübersicht für Avalanche Press

  • Last Days of Constantinople
  • Ragnarok - Tales of the Norse Gods
  • Jade and Steel
  • Greenland Saga
  • Twilight of Atlantis
  • Black Flags
  • Vlad the Impaler - Blood Prince of Wallachia
  • Doom of Odin
  • Nile Empire - War in Heliopolis
  • I, Mordred: The Fall and Rise of Camelot

  • © Daniel Heymann



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    Letzte Änderung: 31.1.2002